Selen- & Vitamin-E-Mangel beim Pferd
Selen und Vitamin E arbeiten im Körper als Antioxidantien-Team: Vitamin E schützt Zellmembranen vor freien Radikalen, Selen ist u. a. Baustein der Glutathion-Peroxidase (GPx), die diese Radikale abbaut. Fehlen sie, leidet vor allem die Muskulatur, das Immunsystem – und bei Fohlen kann es kritisch werden.
Dein Pferd wirkt in letzter Zeit steif, baut Muskeln ab oder nimmt einfach nicht zu, obwohl genug Heu im Trog liegt? Vielleicht ist es schneller müde, reagiert nach dem Training übermäßig sauer oder wird häufig krank. Solche Zeichen deuten nicht automatisch auf „zu wenig Energie“ hin – oft steckt ein Mangel an Antioxidantien dahinter, insbesondere Selen und Vitamin E. Beide schützen Muskelzellen vor oxidativem Stress und arbeiten wie ein Team: Vitamin E fängt freie Radikale ab, Selen sorgt über Enzyme wie die Glutathion-Peroxidase für deren Abbau. Fehlt einer der beiden Bausteine, geraten Muskulatur, Immunsystem und Regeneration ins Hintertreffen – bei Jungpferden kann das Wachstum besonders darunter leiden.
In diesem Beitrag erfährst du, woran du einen Mangel erkennst (inkl. „nimmt nicht zu/ magert ab“), warum er so häufig vorkommt (selenarme Böden, Vitamin-E-Verluste im Heu, Mehrbedarf), wie die Diagnostik sicher gelingt (Blutwerte, GPx, α-Tocopherol) und wie du die Ration sinnvoll anpasst – gezielt und ohne Risiko einer Überversorgung. So verstehst du, wann wirklich „mehr Energie“ nötig ist – und wann deinem Pferd vor allem Selen & Vitamin E fehlen.
Warum entsteht ein Mangel?
- Selenarme Böden in weiten Teilen Europas → forschungsbedingt oft zu wenig Selen im Heu/Gras.
- Vitamin-E-Verluste durch Lagerung/Hitze/Licht: Heu verliert mit der Zeit deutlich Vitamin E; frisches Grün ist die beste Quelle.
- Mehrbedarf: Sportpferde, Jungpferde im Wachstum, Zuchtstuten, Rekonvaleszenz; auch fettreiche Rationen (viel Öl/PUFA) erhöhen den Vit-E-Bedarf.
- Resorptionsstörungen: Magen-/Darmprobleme, länger anhaltender Durchfall, Parasiten, Zahnprobleme (zu wenig Futteraufnahme).
- Unausgewogene Mineralisierung: Kein oder falsch dosiertes Mineralfutter; „Einzelpräparate“ ohne Blick aufs Gesamtverhältnis.
Woran erkennst du Selen-/Vitamin-E-Mangel?
Die Zeichen sind oft schleichend und unspezifisch – Kombinationen sind aussagekräftiger.
Muskel- & Leistungsbild
- Steifigkeit, harte/empfindliche Muskulatur, Leistungsabfall, rasche Ermüdung
- Muskelzittern, unklare Rückenschmerzen, schlechtere Losgelassenheit
- Nach Belastung übermäßig „sauer“, lange Regeneration
Körperkondition & Gewicht
- Nimmt nicht zu, obwohl genug (oder viel) Heu gefüttert wird
- Abmagern/Muskelabbau (v. a. Kruppe/oberer Linie), auch bei scheinbar ausreichender Energiezufuhr
- Hintergrund: oxidative Belastung + suboptimale Muskulatur-Regeneration → Eiweiß/Energie „verpuffen“.
Fell, Haut, Immunsystem
- Stumpfes Fell, langsame Haut-/Wundregeneration
- Häufige Infekte, schwächeres Allgemeinbefinden
Jungpferde & Fohlen
- Wachstumsphasen = hoher Bedarf
- Bei ausgeprägtem Mangel: Erkrankungen der Muskulatur (bei Fohlen „Weißmuskelkrankheit“ mit Schwäche, Saufschwierigkeiten, Atem-/Herzproblemen – Notfall!)
Wichtig: Diese Befunde können auch andere Ursachen haben (Protein-/Energieunterversorgung, Parasiten, PSSM/EPSM, Magengeschwüre, Zahnerkrankungen u. a.). Die klare Abgrenzung gelingt nur diagnostisch.
Diagnostik: So wird es sicher
1. Fütterungs-/Haltungscheck: Heuqualität, Lagerdauer, Weidezugang, Mineralfutter.
2. Blutuntersuchung über den Tierarzt:
- Selen (Vollblut/Serum; Labore haben unterschiedliche Referenzen).
- GPx-Aktivität als funktioneller Marker für Selenstatus.
- Vitamin E (α-Tocopherol) im Serum.
- Hinweis: Vitamin-E-Proben müssen sachgerecht gewonnen/gelagert werden (licht-/wärmeempfindlich).
3. Wiederholungskontrolle nach Anpassung der Ration (typisch nach 6–8 Wochen).
Sicherheitsaspekt: Selen hat eine enge Spanne zwischen Bedarf und Überversorgung (Selenose). Supplemente nur gezielt und in Abstimmung mit dem Tierarzt einsetzen.
Auswirkungen bei unbehandeltem Mangel
- Chronische Muskelprobleme, schlechte Rittigkeit, reduzierte Leistungsfähigkeit
- Verzögerte Heilung, höhere Infektanfälligkeit
- Bei Fohlen/Jungpferden Entwicklungs- und Gesundheitsrisiken
- Bei Zuchtstuten ggf. Fruchtbarkeitsprobleme/Schwächung von Fohlen
Was kannst du tun? – Praxisplan
Schritt 1: Ration prüfen.
Genug gutes Raufutter (1,5–2 kg Heu pro 100 kg KGW), möglichst Weidezugang (Vitamin-E-Quelle). Heu möglichst nicht „uralt“ füttern.
Schritt 2: Mineralisierung ausbalancieren.
Ein komplettes Mineralfutter passend zur Ration nutzen; keine „Blind-Kombination“ mehrerer selenhaltiger Produkte. Auf das Verhältnis zu anderen Spurenelementen achten. –> Equivet Produkt
Schritt 3: Bedarfsgerechte Ergänzung – aber geführt.
Bei nachgewiesenem Mangel und/oder hohem Bedarf Vitamin E und Selen gezielt ergänzen – Dosierung nach Laborwerten/Tierarzt. Bei fettreichen Rationen meist mehr Vitamin E nötig. –> Equivet Produkt
Schritt 4: Retest & Geduld.
Muskelqualität und Fellbild verbessern sich, Gewichtszunahme wird wieder möglich – aber nicht über Nacht. Kontrollwerte und Trainingsaufbau abstimmen; Ursache (z. B. Parasiten, Zähne, Ulzera) parallel abklären und beheben.
Fazit
Selen und Vitamin E sind kleine Nährstoffe mit großer Wirkung – besonders für Muskeln, Immunsystem und Leistungsfähigkeit. Ein Mangel zeigt sich oft über Muskelprobleme, Leistungseinbruch, schlechte Gewichtszunahme und bei Jungpferden deutlicher. Die sichere Route: Rationsanalyse + Blutwerte, gezielte Anpassung statt „Blind-Supplementierung“, und Kontrolle nach einigen Wochen. So bringst du dein Pferd nachhaltig zurück ins Gleichgewicht.
Häufige Fragen (FAQ)
Mein Pferd frisst viel Heu, nimmt aber nicht zu – kann Selen/Vit E schuld sein?
Ja, kann mitbeteiligt sein, v. a. wenn zusätzlich Muskelsteifigkeit/Leistungsabfall auffällt. Allerdings kommen auch Energie-/Eiweißmangel, Parasiten, Zähne, Ulzera infrage. → Bluttest + Rationscheck.
Reicht Weidegang im Sommer?
Für Vitamin E oft ja. Für Selen in vielen Regionen nein, da Böden selenarm sind. Ein Mineralfutter bleibt wichtig.
Ist „mehr“ Vitamin E automatisch besser?
Nicht unbedingt. Es wirkt im Verbund mit Selen und der Gesamt-Ration. Sehr hohe Einzelgaben ohne Konzept sind selten effizient – besser bedarfsgerecht.
Woran erkenne ich Selen-Überversorgung?
Warnzeichen können stumpfes Haar, Mähnen-/Schweifhaarbruch, brüchige Hufe, geschwollener Kronrand, Mattigkeit, Verdauungsprobleme sein. Bei Verdacht sofort Tierarzt kontaktieren; kombinierte Selenquellen prüfen.